Verschiedene Käsesorten in einer Holzkiste auf einem dunkelgrauen Küchentisch.
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Verschiedene Käsesorten

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Warum Käse nicht immer vegetarisch ist

Käse wird aus Milch gemacht, nicht aus Fleisch - vegetarisch ist er oft trotzdem nicht. Denn traditionell wird Käse mit tierischem Lab hergestellt. Das stammt aus dem Magen von Wiederkäuern, also von toten Tieren. Was heißt das für Vegetarier?

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Käse ist kein Fleisch, die Bezeichnung "vegetarischer Käse" ist aber trotzdem kein "weißer Schimmel". Denn wenn Käse nach alter Handwerkskunst hergestellt wird, kommt tierisches Lab zum Einsatz: ein Enzymkomplex, der aus dem Magen von Wiederkäuern, also Kälbern, jungen Schafen oder auch Ziegen gewonnen wird. In der Käseherstellung wird Lab verwendet, damit die Milch gerinnt, ohne sauer zu werden und damit die Käsemasse schön fest wird.

Ohne totes Tier kein Lab

Das kann für Vegetarier schon problematisch sein, sagt Johannes Zuber vom Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik in Freising. Um das Enzym zu gewinnen, wird der Tiermagen in eine spezielle Lösung eingelegt. Übrig bleiben die benötigten Enzyme ohne jegliche Fleischanteile. Trotzdem: "Letztlich stammen die Enzyme von einem toten Tier", sagt Zuber. Auch wenn die Tiere wegen des Fleisches und nicht wegen des Labs getötet werden.

Käse aus Labersatz

Wer das nicht will, braucht aber nicht auf Käse zu verzichten. Käse kann auch mit mikrobiellem Lab aus bestimmten Schimmelpilzen hergestellt werden. Diese produzieren auf natürlichem Wege das Enzym Chymosin, das für die Käseherstellung in großem Maßstab verwendet wird. Oder mit Gen-Lab: "Dabei nimmt man das Gen aus dem Kälbermagen und setzt es bei den Schimmelpilzen ein, um das Lab zu produzieren", erklärt Johannes Zuber.

Auch aus Artischocke oder Feige kann man Lab-Ersatz herstellen, also ganz auf pflanzlicher Basis – das allerdings, so Zuber "wirkt sich auf den Geschmack aus", ist aber dafür sicher vegetarisch.

Welches Lab in welchem Käse?

Mikrobielles Lab hat mittlerweile einen Marktanteil von rund 80 Prozent und kann nahezu bei allen Käsesorten eingesetzt werden. Manche Supermarktketten veröffentlichen entsprechende Listen im Internet. Bestimmte Käsesorten werden allerdings immer mit tierischem Lab hergestellt, vor allem, wenn sie geschützte Bezeichnungen tragen, wie Gorgonzola, Gruyère, Parmesan oder Mozzarella di Bufala Compana. Hilfreich ist auch, bei Hartkäsesorten auf die Reifezeit zu schauen: Je länger die ist, desto eher war tierisches Lab im Einsatz.

Von vornherein labfrei sind Käsesorten, die mit Milchsäurebakterien angedickt werden, wie etwa Frischkäse, Hüttenkäse, Ricotta, Mainzer oder Harzer Käse.

Kennzeichnung ist freiwillig

Aber wie erkennt man jetzt vegetarischen Käse? Erstmal gar nicht, weil auf der Zutatenliste nicht angegeben werden muss, mit welcher Art von Lab oder Labersatz der Käse hergestellt wurde. Eine Kennzeichnung ist also eine freie Entscheidung der Hersteller, erklärt Dirk Liebenberg von der Ernährungsorganisation ProVeg, die das "V-Label" lizensiert. Aktuell tragen in Deutschland rund 500 Käseprodukte das V-Label "vegetarisch". Wichtig dabei: "Für eine Kennzeichnung mit dem V-Label darf Käse ausschließlich mit mikrobiellem Lab aus vegetarischen Kulturmedien oder mit pflanzlichem Lab hergestellt werden", sagt Liebenberg: Wenn ein Vegetarier-"V" auf der Packung steht, dann ist definitiv kein Tier dafür gestorben."

Gibt es "veganen Käse"?

Wer ganz auf tierische Bestandteile verzichten will, für den kommt Käse schon wegen der Milch nicht in Frage. Johannes Zuber entwickelt am Fraunhofer Institut Käse-Ersatzprodukte, für die kein Lab verwendet wird, "da die Enzyme hier nicht zur Dicklegung beitragen können". Abgesehen davon, dass diese Produkte nicht Käse heißen dürfen, haben sie für Zuber nicht mehr viel mit Käse zu tun: "Es kann zwar durch Verdickungsmittel, Aromen und Farbstoffe ein Käse ähnliches Produkt erzeugt werden. Die wahre Challenge ist aber, mit gesunden Zutaten nur durch eine gute Fermentation und eine anschließende Reifung ein richtig käseähnliches Produkt zu erzeugen."

Unterschiede bei Nährwert und Preis

Lebensmittel tierischer Herkunft enthalten verschiedene Nährstoffe, die in pflanzlichen Lebensmitteln nicht oder nur geringfügig enthalten sind, u. a. Vitamin A, B2 und B12, Eisen, Calcium, Jod, Zink und gut verfügbares Protein. Im Hinblick auf eine ausgewogene Ernährung schneidet tierischer Käse mit Milch, zumindest was diese Nährstoffe angeht, erstmal besser ab.

Und auch beim Preis gibt es Unterschiede, sagt Dirk Liebenberg von der Ernährungsorganisation ProVeg: "Pflanzenbasierter Schnittkäse kostete im Oktober 2023 im Schnitt 43 Prozent mehr als tierischer Käse. Bei Frischkäse betrug der Aufpreis für ein vergleichbares pflanzliches Produkt sogar 125 Prozent."

🎧 Wie erkenne ich vegetarischen Käse im Supermarkt? Dazu gibt es Tipps in der neuen Folge von "Besser Leben", dem Nachhaltigkeitspodcast von Bayern 1.

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